Zum Inhalt springen

Else Kustos geb. Klein, Bäuerin in Mehrum hat zu dem Thema „Sitten und Gebräuche“ einen Aufsatz dieser Chronik beigefügt :

Ein Todesfall in Mehrum bevor es Beerdigungsinstitute gab.
Pietät im Dorfleben.

Wenn eine Mehrumerin oder ein Mehrumer gestorben war, wurden zuerst die Notnachbarn benachrichtigt. Es gab Notnachbarn, Nachbarn und Fahrnachbarn. Als erstens wurde eine schwarze Schleife an die Haustüre gehängt, sie war als Zeichen, daß sich ein Toter im Haus befand. Dann kamen alle Nachbarn ins Trauerhaus, um die Beerdigung zu besprechen. Die Notnachbarn wuschen den Toten und zogen ihm sein Totenhemd an. Das Totenhemd war schon Bestandteil der Aussteuer.Der Sarg wurde von einer Mehrumer Schreinerei angefertigt und von der Sterbegilde bezahlt. Früher gab es die Schreierei Gerritz. Dann wurde der Tote in der guten Stube aufgebahrt.

In diesen Tagen standen die Nachbarn der Trauerfamilie helfend zur Seite. Sie versorgten die Gäste, die zu einem Kondolenzbesuch kamen, erledigten aber auch andere Arbeiten in Haus oder Stall. Zwei Nachbarfrauen gingen durch das Dorf von Haus zu Haus, schwarz gekleidet „Liklü-bäen“, das heißt, bitten mit zur Beerdigung zu gehen. Das mußte am 2. Tag bis 12 Uhr mittags erledigt sein. Dabei benutzten sie den Spruch : Familie „Sowieso“ löt bäen met nor de Beerdgong de gohn. Öm 2 Ühr anet Hus on öm 3 Ühr op de Kerkhoff.

Am Beerdigungstag trafen sich alle Nachbarn am Trauerhaus.DerFahrnachbar kam mit Pferd und Karre, ein Einspänner; eine sogenannte Stottkarr, mit der die Ernte eingebracht wurde mit der aber auch Mist aufs Feld gefahren wurde. Männer aus der Nachbarschaft waren die Sargträger. Die Trauergemeinde versammelte sich am Trauerhaus. Der Dorfschullehrer kam mit den Kindern und sie sangen dem Verstorbenen ein Abschiedslied. Die Kinder bekamen ein Stück Streuselkuchen, was damals was ganz Leckeres war. Dann setzte sich der Trauerzug Richtung Götterwickerhamm in Bewegung. Zuerst gingen die Angehörigen, dann die Träger und dann die Trauergemeinde. Leute, die dem begegneten, Fußgänger, Radfahrer oder auch mal ein Pferdefuhrwerk, blieben am Wegrand stehen und warteten bis der Zug vorbeigezogen war. Die Beisetzung verlief wie wir sie auch heute noch kennen. Die Träger bekamen ein Taschengeld, das sie zum Fellversaufen nutzten. An eine große Nachfeier, wie wir sie heute kennen, kann ich mich nicht erinnern. Die Nachbarn wurden danach noch ins Trauerhaus geladen zum Kaffee trinken. Nächste Angehörige gingen ein Jahr schwarz gekleidet und nahmen auch nicht an Feierlichkeiten und Schützenfesten teil.


Dokumente, die die Kosten einer Beisetzung im Jahre 1968 belegen.

Rechnung-Beerdigung-1-1 Rechnung-Beerdigung-2